Neue Regelungen zur Festsetzung der Miethöhe bei Mietbeginn und Anpassung der Regelungen zur Modernisierungsumlage
– Bundeskabinett verabschiedet MietAnpG zur Umsetzung der Vereinbarungen des Koalitionsvertrages. In Ausübung des Koalitionsvertrages hat das Bundeskabinett Anfang September 2018 den Gesetzesentwurf für das neue MietAnpG („Gesetz zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache“) verabschiedet; dieser liegt nun dem Bundestag zur Entscheidung vor. Ziel der Überlegungen für den Gesetzesentwurf war unter anderem, der seit ihrer Einführung im Jahr 2015 ohne große Auswirkungen gebliebenen sogenannten Mietpreisbremse mehr Geltung zu verschaffen. Im Zuge dessen sollen außerdem die Regelungen zur Modernisierungsumlage verschärft werden.
1. Änderungen im Hinblick auf die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (Mietpreisbremse)
Bei Abschluss von Wohnraummietverträgen in Gebieten, die ausweislich einer Rechtsverordnung einen angespannten Wohnungsmarkt aufweisen, darf die Miete bei Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen.
Die ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt sich nach § 558 BGB und wird demgemäß gebildet aus: den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen wegen Veränderung der Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Konkreteres hierzu findet sich in der Regel im (qualifizierten) Mietspiegel der Gemeinde.
Von dieser Regelung macht das Gesetz für folgende Fälle Ausnahmen:
a) Die Miete, welche der Vormieter ein Jahr vor Beendigung des Mietverhältnisses zuletzt gezahlt hat, lag bereits mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. In diesem Fall darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden (§ 556 e Abs. 1 BGB).
b) Der Vermieter hat drei Jahre vor Beginn des fraglichen neuen Mietverhältnisses Modernisierungsmaßahmen im Sinne des § 555b BGB durchgeführt. In diesem Fall kann die ortsübliche Vergleichsmiete ebenfalls um mehr als 10 Prozent überschritten werden. Ausgehend von der ortsüblichen Vergleichsmiete wird für die nicht modernisierte Wohnung selbige um 10 Prozent erhöht und anschließend der Zuschlag für die Modernisierung, welcher sich aus § 559 Absatz 1 bis 3 BGB und § 559a Absatz 1 bis 4 BGB ergibt, hinzugerechnet. Eine Anwendung auf die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung findet nicht statt.
c) Die Wohnung wird erstmals nach dem 1.10.2014 genutzt und vermietet.
d) Die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung.
Sollten die Parteien von den gesetzlichen Vorgaben abweichen, ist die Vereinbarung unwirksam; zu viel gezahlte Miete ist vom Vermieter herauszugeben. Bislang sieht das Gesetz in § 556g BGB vor, dass der Mieter die nicht geschuldete Miete nur dann zurückverlangen kann, wenn er einen Verstoß gegen die oben genannten Vorschriften gerügt hat und die zurückverlangte Miete nach Zugang der Rüge fällig geworden ist. Die Rüge muss die Tatsachen enthalten, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht.
An dieser Stelle setzt der Gesetzesentwurf ein. Ein Vermieter, der eine aufgrund einer der Ausnahmen von den Regelungen der sogenannten Mietpreisbremse zulässige höhere Miete fordert, muss dem Mieter bereits vor Abgabe von dessen Vertragserklärung, also vor Abschluss des Mietvertrags, Auskunft darüber erteilen, dass eine solche Ausnahme vorliegt. Hierzu soll eine neue vorvertragliche Auskunftspflicht des Vermieters in das BGB aufgenommen werden. Für Vermieter, die sich nicht auf einen Ausnahmetatbestand berufen können oder wollen, besteht keine Pflicht zur Mitteilung. In diesen Fällen richtet sich die Zulässigkeit der geforderten Miete nach § 556d Absatz 1 BGB, d.h. die Miete darf zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen.
Soweit der Vermieter die Auskunft nicht erteilt, soll er sich auf eine nach den Ausnahmen zulässige höhere Miete nicht mehr berufen können. Der Vermieter soll dann höchstens die nach der Mietpreisbremse zulässige Miete (maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete) verlangen können, auch wenn eine Ausnahme vorliegt, die eine höhere Miete rechtfertigen würde. Möchte der Vermieter sich also hinsichtlich der Zulässigkeit der Miethöhe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder später, z. B. bei einer Rüge des Mieters, beispielsweise auf die Vormiete berufen, muss er dem Mieter die Höhe der Vormiete zum Zeitpunkt eines Jahres vor Beendigung des Vormietverhältnisses mitteilen. Er muss aufklären, falls er in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt hat, falls er sich auf diese Ausnahme berufen möchte. Genauso müsste der Vermieter informieren, ob es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handelt oder ob die Wohnung nach dem 01.10.2014 erstmals genutzt und vermietet wird. In Zukunft sollen Mieter also bereits bei Begründung des Mietverhältnisses erfahren, ob die Zulässigkeit der „höheren“ Miete auf einer Ausnahme beruht.
Zudem soll das Erfordernis einer qualifizierten Rüge des Verstoßes des Vermieters durch den Mieter nach § 556g Absatz 2 Satz 2 BGB gestrichen werden; zukünftig soll eine einfache Rüge, d.h. ohne Tatsachenvortrag, ausreichen. Der Gesetzesentwurf begründet dies damit, dass es sich für den Mieter als schwierig erwiesen hat, Tatsachen vorzutragen, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht. Hierfür notwendige Recherchen des Mieters sowie ein gegebenenfalls notwendiges Auskunftsverlangen gegenüber dem Vermieter hielten den Mieter oftmals davon ab, sein Recht geltend zu machen bzw. führten zumindest zu einer deutlichen Verzögerung der Rüge. Die Regelung, dass der Mieter nur die Mieten zurückfordern kann, die nach der Rüge fällig werden, bleibt bestehen.
2. Änderungen im Mietmodernisierungsrecht
a) Geänderter Prozentsatz für die Modernisierungsumlage
Der Prozentsatz der Modernisierungskosten, um den der Vermieter die jährliche Miete gemäß § 559 BGB nach Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen erhöhen kann, ist seit 1978 unverändert und beträgt 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten. Dies gilt auch, wenn der Vermieter bauliche Maßnahmen durchführen muss, die er nicht zu vertreten hat. In beiden Fällen ist der Vermieter berechtigt, die vereinbarte Miete um jährlich 11 Prozent der für die Wohnung aufgewandten Kosten zu erhöhen.
Dieser Umlagesatz soll daher künftig in bestimmten Gebieten auf 8 Prozent abgesenkt werden. Die Regelung soll zunächst auf fünf Jahre befristet und örtlich beschränkt auf Gebiete sein, die nach § 558 Absatz 3 Satz 2 und 3 BGB als Gebiete ausgewiesen sind, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist (Gebiete mit abgesenkter Kappungsgrenze). In Gebieten mit ausgeglichenem Wohnungsmarkt ist dies nach dem Gesetzesentwurf nicht nötig, da der Vermieter ohnehin oftmals zumindest zu einem Teil auf die Geltendmachung der möglichen Mieterhöhung nach der Modernisierung verzichte, wenn die erhöhte Miete über der am Markt erzielbaren Miete liegen würde. Der Vermieter müsste damit rechnen, dass der Mieter von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht und er auch keinen anderen Mieter findet, der bereit wäre, eine so hohe Miete zu zahlen.
Modernisierungsmaßnahmen sind in diesem Fall bauliche Veränderungen, durch die entweder (1) in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung), oder durch die (3) der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird, oder der (4) Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird, oder (5) die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden, oder (6) solche Maßnahmen, die auf Grund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat und die keine Erhaltungsmaßnahmen nach § 555a sind. Die Kosten für Maßnahmen nach (2) durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird, sofern nicht bereits eine energetische Modernisierung vorliegt oder (7) durch die neuer Wohnraum geschaffen wird, können nicht umgelegt werden.
b) Kappungsgrenze für die Modernisierungsumlage
Darüber hinaus soll im neu zu schaffenden § 559 Absatz 3a BGB eine Kappungsgrenze für Modernisierungen eingeführt werden. In Zukunft kann sich die Miete innerhalb eines Zeitraums von sechs Jahren maximal um 3 Euro je Quadratmeter Wohnfläche monatlich erhöhen. Dabei sollen Mieterhöhungen nach § 558 BGB (Miethöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete) oder nach § 560 BGB (Veränderung der Betriebskosten) unberücksichtigt bleiben.
c) Vereinfachtes Verfahren für kleinere Modernisierungen
Bei Berechnung der Mieterhöhung nach Modernisierung müssen außerdem zunächst Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, von den aufgewendeten Kosten der Maßnahme abgezogen werden (§ 559 Absatz 2 BGB). Diese können durch Schätzung ermittelt werden.
Um das Verfahren vor allem für private Vermieter zu vereinfachen, soll der Vermieter künftig für Maßnahmen, deren Kosten 10.000 Euro pro Wohnung nicht übersteigen, ein vereinfachtes Verfahren (neu einzuführender § 559c BGB) wählen können:
- Die Instandhaltungskosten werden mit 30 Prozent pauschaliert.
- Dies soll auch bereits im Rahmen der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme, zu der der Vermieter nach § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 BGB verpflichtet ist, gelten.
- Der Vermieter ist nicht verpflichtet, die künftigen voraussichtlichen Betriebskosten anzugeben. Darüber hinaus müssen Vorteile zinsverbilligter oder zinsloser Darlehen aus öffentlichen Haushalten nicht von den Kosten für die Modernisierungsmaßnahme abgezogen werden.
- Der Mieter kann sich nicht auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Härtefalls berufen.
- Die Höchstgrenze von 10.000 Euro gilt für einen Zeitraum von fünf Jahren; daneben sind keine weiteren Mieterhöhungen nach § 559 BGB möglich. Eine Ausnahme gilt für Modernisierungen, die aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung durchzuführen sind.
d) „Herausmodernisieren“ als Ordnungswidrigkeit
Schließlich sollen Mieter besser vor dem sogenannten Herausmodernisieren bzw. vor der Ankündigung oder Durchführung einer baulichen Veränderung in missbräuchlicher Weise geschützt werden. Zu diesem Zweck werden eine Ordnungswidrigkeit sowie gesetzliche Vermutungen für das Vorliegen einer Schadensersatz begründenden Pflichtverletzung im Zusammenhang mit einer baulichen Veränderung eingeführt (neu einzuführender § 559d BGB). Danach wird in bestimmten Fällen vermutet, dass der Vermieter eine Pflichtverletzung bei der Ankündigung oder Durchführung einer baulichen Veränderung begeht:
- wenn mit der baulichen Veränderung nicht innerhalb von zwölf Monaten nach deren angekündigtem Beginn, oder, wenn Angaben hierzu nicht erfolgt sind, nach Zugang der Ankündigung der baulichen Veränderung begonnen wird,
- wenn in der Ankündigung nach § 555c Abs. 1 BGB ein Betrag für die zu erwartende Mieterhöhung angegeben wird, durch den die monatliche Miete mindestens verdoppelt würde,
- die bauliche Veränderung in einer Weise durchgeführt wird, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen, oder
- die Arbeiten nach Beginn der baulichen Veränderung mehr als zwölf Monate ruhen.
Der Vermieter kann darlegen, dass im Einzelfall ein nachvollziehbarer objektiver Grund für sein Verhalten vorliegt. Diese Pflichtverletzung käme dann im Rahmen des allgemeinen Schadensersatzanspruchs des Mieters aus §§ 280 ff. BGB zum Tragen.
Mit dieser Regelung einhergehen soll eine Neufassung des Paragraphen des Wirtschaftsstrafgesetz 1954, wonach künftig ordnungswidrig handeln soll, wer in der Absicht, einen Mieter von Wohnraum hierdurch zur Kündigung oder zur Mitwirkung an der Aufhebung des Mietverhältnisses zu veranlassen, eine bauliche Veränderung in einer Weise durchführt oder durchführen lässt, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden.
Nachtrag:
Eine Synopse der alten und neuen, zum 01.01.2019 geänderten, Vorschriften findet sich hier.