Immobilien- & Baurecht
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Grundsteuerreform schreitet voran – was bedeutet das für mich?

23. September 2019 von Nina Klotz-Hörlin

Die derzeitige Bewertungsgrundlage für die Grundsteuer ist gemäß Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2019 Zeit, eine Neuregelung zu treffen. Anderenfalls entfällt die Grundsteuer ab 01.01.2020 ersatzlos.

Für die Städte und Gemeinden zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen. Aus ihrem Erlös investieren die Kommunen in Bereiche des öffentlichen Lebens, wie beispielsweise Infrastruktur oder Schulen. Ein ersatzloser Wegfall würde einer Katastrophe gleichkommen. Die Bundesregierung hat daher am 25.06.2019 drei Gesetzentwürfe (BT- Drucksache 19/11084, BT-Drucksache 19/11085, BT Drucksache 10/11086) zur Grundsteuerreform auf den Weg gebracht, die nach erster Lesung im Bundestag in den Finanzausschuss überwiesen wurden. In einer ersten Anhörung haben sich Experten mehrheitlich für eine Grundgesetzänderung zur Einführung einer sog. „Öffnungsklausel“ ausgesprochen. In einer zweiten Anhörung forderte die Wohnungswirtschaft weitere Nachbesserungen am Steuermodell.

Mit der Neuregelung wird es hochkompliziert werden. Einheitlich einfache Berechnungen wird es nicht geben. Bei dem von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) präferierten "wertabhängigen Modell" sind der Bodenrichtwert und die Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete wesentliche Faktoren, zudem sollen die Grundstücksgröße, die Immobilienart und das Alter des Gebäudes in die Berechnung einfließen. Dieses Modell hatten die Finanzminister der Länder bei einem ersten Treffen im Februar 2019 in einem Eckpunkte-Papier festgehalten. Die Erhebung und Sammlung der erforderlichen Daten wird Jahre dauern und über die Richtigkeit (und Gerechtigkeit) der komplizierten Berechnungsmodelle wird man im Einzelfall vortrefflich streiten können. Das alternative Flächenmodell, das von der reinen Grundstücksfläche ausgeht, gilt als einfacher und "bürokratieärmer", da viele Daten bereits anderen Behörden wie Liegenschafts-, Grundbuch- und Bauämtern vorliegen. Insoweit bietet das Flächenmodell in puncto Richtigkeit weniger Angriffsfläche, es wird jedoch bisher nur von einzelnen Bundesländern favorisiert.

Wie sich die Änderung der Grundsteuer im Einzelfall berechnet, hängt dann davon ab, welches konkrete Berechnungsmodell den Finanzbehörden am Ort des Grundstücks vorgegeben wird Wie hoch die Steuer am Ende sein wird, bleibt aber offen, vor allem wenn die Bundesländer mit der geplanten Öffnungsklausel mit einem eigenen Modell abweichen dürfen. Zu zahlen ist die Grundsteuer von den Immobilieneigentümern, bei Vermietung können die Kosten über die Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden. Das Land Berlin hat hierzu mittlerweile eine umstrittene Bundesratsinitiative ins Leben gerufen mit dem erklärten Ziel, die Umlagefähigkeit per Gesetz bundesweit abschaffen zu wollen.

Die exakte Höhe der Grundsteuer legen die Kommunen über ihre Hebesätze fest. In diesem Zusammenhang wies der Deutsche Städtetag bereits Spekulationen zurück, die Kommunen könnten die Reform der Grundsteuer für drastische Steuererhöhungen nutzen. Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetages Verena Göppert stellte klar: "Die Kommunen werden ihre Hebesätze so verändern, dass etwa die heutigen Einnahmen erreicht werden. Sie wollen die Reform nicht dazu benutzen, ihre Haushalte zu sanieren."

Im Zuge der Reform will Bundesfinanzminister Scholz den Kommunen zudem ein "Druckmittel" für den Wohnungsbau an die Hand geben: Die sogenannte Grundsteuer C für bislang unbebaute Flächen soll wieder eingeführt werden. Damit könnten ungenutzte Flächen höher besteuert werden. Die Wiedereinführung wurde von den Regierungsparteien bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Eine solche Grundsteuer C gab es schon einmal, sie wurde in den 1960er Jahren abgeschafft.

Es bleibt abzuwarten, wie die Grundsteuerreform tatsächlich verabschiedet und umgesetzt wird. Nach den öffentlichen Anhörungen vom 11.09.2019 folgen nun die Beratungen im Finanzausschuss, die bis zum 16.10.2019 abgeschlossen sein sollen. Die zweite und dritte Lesung der Gesetzentwürfe im Bundestag ist für den 18.10.2019 geplant. Die erforderliche Zustimmung im Bundesrat könnte dann im November oder Dezember erfolgen. Nach derzeitigem Plan müssen die Grundstücke bis zum 01.01.2022 neu bewertet werden, danach alle sieben Jahre. Erstmals soll die neu berechnete Grundsteuer dann 2025 fällig werden.

Sollte eine neue Regelung zur Grundsteuer nicht bis zum 31.12.2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht sein, wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt, würde die Grundsteuer ab 01.01.2020 komplett wegfallen.