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RECHTSPRECHUNG – (Neue) Gestaltungsspielräume für die Urlaubsgewährung bei fristloser und hilfsweiser fristgerechter Kündigung

1. Dezember 2020 von Ludwig Schleder

Mit einer Entscheidung vom 25.08.2020 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt, dass der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer fristlosen und hilfsweise fristgerechten Kündigung Urlaub vorsorglich auch für den Fall gewähren kann, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist (BAG 9 AZR 612/19).

Ein Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers fristlos und hilfsweise fristgerecht. Im Kündigungsschreiben erklärte der Arbeitgeber zu den noch offenen Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers, dass er für den Fall der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung den bis zum Kündigungszeitpunkt nicht genommenen Urlaub des Arbeitnehmers abgelte. Für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung erklärte der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben zudem ausdrücklich: "Sie werden Ihren sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub direkt im Anschluss an den Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung in der Zeit vom 19.09.2017 bis 11.10.2017 nehmen. Die gezahlte Abgeltung ist dann als Zahlung des Urlaubsentgelts für den betreffenden Zeitraum zu verstehen. In jedem Fall sage ich Ihnen für die Zeit Ihres Urlaubs die Urlaubsvergütung vorbehaltslos zu.“

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete dann im Rahmen einer Kündigungsschutzklage nicht fristlos, sondern aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs unter Wahrung der ordentlichen Kündigungsfrist fristgerecht. Mit einer danach gesondert erhobenen Zahlungsklage wehrte der Arbeitnehmer sich dagegen, dass der Arbeitgeber – wie im Kündigungsschreiben angekündigt - die gezahlte Urlaubsabgeltung als bereits geleistetes Urlaubsentgelt behandelte. Er machte geltend, dass die vorsorgliche Urlaubsgewährung für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung nicht wirksam sei.

Das BAG bestätigte jedoch die Wirksamkeit der vorsorglichen Urlaubsgewährung. Voraussetzung sei, dass (a) der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unmissverständlich und endgültig zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht befreie und (b) das Urlaubsentgelt entweder vor Antritt des Urlaubs zahle oder dessen Zahlung vorbehaltslos zusage. Diese Voraussetzungen hatte der Arbeitgeber im entschiedenen Fall erfüllt. Einwände des Arbeitnehmers wie etwa, dass er den Urlaubszweck nicht habe erreichen können, weil er sich nach Erhalt der fristlosen Kündigung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden und für Vermittlungsangebote habe bereithalten müssen, erachtete das BAG als unbeachtlich, weil den Urlaub störende Ereignisse grundsätzlich in die Risikosphäre des Arbeitnehmers fielen.

Praxistipp:

Die Entscheidung des BAG eröffnet Arbeitgebern Gestaltungsspielräume bei fristlosen und hilfsweise fristgerechten Kündigungen, die sich in der Praxis gut nutzen lassen. Dabei bedarf es jedoch ausgewählter Formulierungen, um die Urlaubsgewährung rechtssicher zu machen (und etwas Glück, dass der Arbeitnehmer in der Zeit der Urlaubsgewährung nicht erkrankt).